Wiener Journal: Albanien – Reise in ein verwunschenes Land
Dass er fernab vom Schuss lebt, weiß der Albaner Ajet Malaj, aber das ist dem Bergbauern auch recht so. Auf seiner Sommeralp an den Hängen außerhalb des Valbona-Tales, wandert sein staunender Blick auf die grazilen Finger seiner Enkelin Arsa. Unterschiedlicher könnten die Hände der beiden kaum sein. Während seine 73 Jahre alten Kuppen verhornt und schwarz, die Finger schwielig und gestählt von jahrzehntelanger Arbeit auf der Alm sind, spielt die Achtjährige mit ihren aufgeklebten, rotlackierten Fingernägeln aus Kunststoff. Der ergraute Mann runzelt die Stirn und wiegt den Kopf, bevor er gebückt in seine Holzhütte wankt. Mit einer Flasche Selbstgebranntem kehrt er zurück und begrüßt seine Gäste mit jener raumgreifenden Geste, die verrät: „Willkommen daheim!“