WWW-Gründer Christian Hlade im Interview mit Carmen Oster für die „Kleine Zeitung Business-Lounge“
Was sind Ihre Lehren aus der Coronakrise?
Der hohe Wert von einem guten, weltweiten Miteinander, von Freiheit, Reisen und Treffen mit lieben Menschen ist mir sehr stark bewusst geworden. Wie verbunden wir alle sind. Auch dass der eigene Erfolg sehr oft gar nicht in der eigenen Hand liegt. Dieses Jahr hat mich große Demut gelehrt und eine viel stärkere Fokussierung auf all die wunderbaren Sachen im Hier und Jetzt.
Was war/ist in der Führung in diesen Zeiten besonders herausfordernd?
Die Tatsache, dass ich selbst oft im Moment nicht mehr weiterwusste und es da durchaus auch verzweifelte Phasen gab. In diesen dann einem Team Klarheit, eine Richtung und auch Zuversicht zu geben ist echt schwer. Aber ich stehe ich dazu als Mensch auch verletzlich zu sein und betrachte das nicht als „Führungsnachteil“. Außerdem haben wir bei Weltweitwandern ein Führungs-Team, mit dem wir uns die Führung und Motivation des Teams teilen.
Von welchem Beruf haben Sie als Kind geträumt?
Ich wollte Abenteurer, Entdecker und Reiseschriftsteller werden. So wie Sven Hedin oder Herbert Tichy.
Was haben die Lehrer über Sie gesagt?
Der ist aber sehr verträumt!
Auf welche außerschulische Leistung sind Sie heute noch stolz?
Ganz klar auf meine vielen großen und kleinen Reisen schon vor der Matura: Per Autostopp nach Wien zum Who-Konzert, in die Toskana, nach Griechenland, England und in die Türkei, per Interrail quer durch Europa bis nach Marokko und auch nach Tunesien.
Wer hat Sie am meisten gefördert?
Mein väterlicher Freund, der Architekt Herwig Moosbrugger. Dem tat es schon ein bisschen leid, dass ich nicht Architekt geblieben bin….
Wo haben Sie das Führen gelernt?
Führen besteht für mich aus einer ständigen eigenen Weiterentwicklung. Ich lese da immer wieder Bücher darüber, beschäftige mich sehr damit und versuche mich auch persönlich zu entwickeln. Ich bin sehr neugierig. Wichtig ist, dass man Menschen ins Team holt, die Dinge besser können als man selbst und dass man für eine gute Austauschkultur sorgt. Ich habe das Glück, ein tolles Team um mich zu haben, die alle für unsere Art des verantwortungsvollen Reisens brennen. Das macht einen Großteil unseres Erfolgs aus.
Auf wessen Rat hören Sie?
Ich hole mir sehr gerne ganz, ganz viele Meinungen ein und lasse vertraute Menschen dann halbfertige Dinge früh testen und kommentieren. All diese Feedbacks und Ratschläge sammle ich. Dann entsteht in mir „ein Bild“ einer Entscheidung. Diese ist dann nicht EIN Rat eines Einzelnen, sondern mehr so eine Stimmung aus Vielem.
Was zeichnet gute Chefs aus?
Auf meinem Facebook-Profil steht: Sehe mich als „Ermöglicher“: Ich möchte optimale Rahmenbedingungen schaffen, damit Wertvolles entstehen kann. Einen guten Chef oder Chefin macht für mich aus, wenn Sie den Einzelnen aber auch das große Ganze im Blick hat. Die Führungskraft schafft einen Raum, in dem sich jeder/e einbringen kann, in dem Offenheit und Zuhören Basis des Umgangs miteinander sind. Sie stellt aber auch das Team vor neue Herausforderungen damit man über sich hinauswachsen kann. An diesen Idealen arbeite ich, um ein möglichst guter Chef zu sein.
Was schätzen Sie an MitarbeiterInnen?
Ich bin berührt, wenn jemand seine Arbeit mit „Herz und Hirn“ und Hingabe macht. Seine Tätigkeit ganzheitlich sieht und Dinge gut zu Ende bringt, auch wenn Schwierigkeiten auftauchen. Ich bewundere geduldige Menschen und erwarte mir immer Offenheit und Ehrlichkeit – gerade auch wenn es mal nicht so gut läuft. Wichtig ist mir aber immer auch, dass Menschen auch ein „Privatleben“ haben!
Was war Ihre wichtigste Begegnung?
Ganz klar die mit meiner Frau Carmen. Wir sind ein tolles Team, unsere Beziehung ist sehr nahe und lässt beiden zugleich auch viel (Frei-)Raum.
Beruflich war meine wichtigste Begegnung die mit meinem Freund und nun langjährigen Marokko-Partner Lahoucine. Mit Ihm habe ich vor 21 Jahren unter dem weiten Sternenhimmel der marokkanischen Wüste unsere erste Wanderreisen konzipiert und zusammen von einem großen Wanderreise-Unternehmen geträumt. Das war der Beginn von Weltweitwandern, nunmehr eine Erfolgsgeschichte seit über 20 Jahren (auch trotz Corona).
Wann haben Sie zuletzt etwas Neues gelernt?
Ende 2020 war ich auf Wander-Urlaub in Madeira. Dort habe ich von meinen Freunden Christa und Gerald – den Besitzern der Ökolodge die auf Madeira Ausgangspunkt unserer Wanderungen ist – und dort habe ich was Altes wie etwas ganz was Neues kennen gelernt!
Dass Schwarzbeer-Büsche zwei Meter hoch werden können. Wahnsinn! Da stehe ich vor einem Busch mit großen erkennbaren Blüten die bei uns winzig klein sind. Ein Traum was die Natur schafft in der üppigen Inselvegetation. Es geht mir sowieso oft so, dass ich in der Natur aus dem Staunen gar nicht mehr herauskomme.
Oder: wie unbeschwert Reisen man auch in diesen doch manchmal düsteren Zeiten machen kann. Vor der Abreise war ich schon etwas besorgt wie das sein wird und dann fliegt man los und alle haben Masken auf, alles läuft reibungslos ab und plötzlich ist man auf Madeira: Natur und Freiheit. Es war so eine Erleichterung wieder Wandern zu gehen, bei frühlingshaften Temperaturen und ganz ohne viel Abstandsgespräche, denn beim Wandern in der Natur hält man automatisch Distanz. Ich habe da den Wander-Urlaub fast wieder wie was Neues entdeckt 🙂
Wie bewältigen Sie Stress?
Raus in die Natur zum Wandern, was sonst? Was dabei wichtig ist: Dort konzentriere ich mich auf meinen Atem, auf die schönen Dinge unterwegs im Hier und jetzt. Die Probleme bleiben möglichst zu Hause, das Handy auf Flugmodus.
Wie nützen Sie soziale Netzwerke?
Intensiv! Für meine in über 80 Ländern der Erde verstreute Weltweitwandern-Partner-Family und all meine weitverstreuten Freunde sind mein Blog, YouTube, Facebook und Whats-App einfach genial. Schöne Wander-Momente zu teilen und gute Kommunikation sind ein wesentlicher Teil meines Lebens und meiner Arbeit!
Durch welchen Misserfolg sind Sie gereift?
Im Nachhinein gesehen: Durch jeden! Mindestens habe ich bei jedem Scheitern immer Gelassenheit und Geduld trainiert. Und das immer wieder aufstehen. Auch wenn’s im Moment schon jedes Mal unangenehm ist.
Worauf achten Sie bei einer Bewerbung?
Darauf, dass mehrere Menschen vom Team sich die Person anschauen und man dann ein Bild aus mehreren Blickwinkeln hat. Die Person muss ja dann auch ins/zum Team passen.
Sind Sie für die Frauenquote in Chefetagen?
Ja, sicher. Ist doch total seltsam, dass da noch immer so wenig Frauen sind. Bei uns arbeiten sehr viele Frauen – auch in der Leitung.
Welches Buch empfehlen Sie?
Boa, das ist schwierig – ich lese so viel, da gibt’s immer ganz viele Bücher zu empfehlen.
Aktuell fesseln mich die historischen Romane der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak. Am 1. März 2021 erscheint übrigens mein drittes Buch „Wanderwissen kompakt“, dort teile ich mein jahrzehntelange Wanderfahrung und gebe Tipps wie man Wandern auch zum inneren Wandel nutzen kann.
Was erzürnt Sie als Staatsbürger?
Da kommt der Architekt in mir heraus: Die verfehlte Raumplanung in Graz! Keine bewusst gestalteten Stadtteilzentren in den Bezirken mit neuen, schönen Plätzen und Parks zum Begegnen. Am Land draußen der Bebauungs-Wildwuchs im Freiland.
Was ist Ihr Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit?
Da gibt’s sehr viel und doch möchte ich immer noch mehr machen. Meine Firma schafft durch Wanderreisen Einkommen in vielen armen und strukturschwachen Regionen unserer Welt. Viele unserer Gäste kommen berührt und bereichert mit schönen Eindrücken aus anderen Kulturen nach Hause und engagieren sich dann für mehr Toleranz. Unser Verein Weltweitwandern Wirkt! ermöglicht durch Bildungsprojekte vielen benachteiligten jungen Menschen Chancen. Aktuell erleichtern wir mit unserem Corona-Hilfs-Fonds hunderten Guides und Familien weltweit das Überleben während der Krise. Und wir arbeiten ständig an der Nachhaltigkeit oder wie wir lieber sagen, unserer Art des verantwortungsvollen Reisens.
Welches Auto fahren Sie?
Ich fahr vor allem in der Stadt am liebsten gar nicht Auto, sondern mit dem Fahrrad.
Unser Firmen-VW-Bus taugt mir aber auch sehr. Auf ihm steht außen groß drauf: „Öffne deinen Horizont!“ Mit dem Motto fahre ich gerne Richtung Berge. 😉
Worauf kommt es an im Leben?
Ich finde es wichtig und bereichernd, mich jeden Tag ganz aktiv zu freuen: Über meine Familie, meine schöne Heimat, über nette Menschen in meinem Umfeld und über Dinge, die anderen und mir gut gelungen sind. Und ich überlege mir dann auch immer Lösungen, wie ich mit Dingen die nicht so toll sind, besser umgehe.
BIO
Christian Hlade, geboren 1964, Architekt und Gründer des Wanderreiseanbieters „Weltweitwandern“. Unternahm seit frühester Jugend Wanderungen und Reisen und wandert seit 40 Jahren auf allen Kontinenten der Erde. 1999 und 2000 verbrachte er mehrere Monate in Ladakh (Indien), um in einem abgelegenen Himalaya-Bergdorf eine solarbeheizte Dorfschule zu errichten. Um das zu finanzieren, beschloss er, professionell Reisen zu veranstalten: die Geburtsstunde von „Weltweitwandern“.
Die Firma zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten und sozial engagiertesten Wander-Reiseunternehmen des deutschen Sprachraums. Weltweitwandern ermöglicht inspirierende Begegnungen von Menschen und Kulturen – mit der Natur und mit sich selbst. Der von ihm gegründete Verein „Weltweitwandern Wirkt!“ unterstützt weltweit Bildungsprojekte und verbessert die Lebenschancen von Menschen in vielen Ländern der Erde. Christian Hlade ist verheiratet und hat drei Kinder. Er blickt auf über 50.000 Wanderkilometer zurück.
Christians erstes Buch „Wandern wirkt – Den eigenen Weg gehen & Lebensträume verwirklichen“ schaffte es bis auf Platz 3 der Sachbuch-Bestsellerliste in Österreich, sein zweites Buch „Das große Buch vom Wandern“ erreichte sogar Platz 1 und wurde 2020 mit dem renommierten ITB Book Award als „bestes Wanderbuch des Jahres“ ausgezeichnet. Am 1. März 2021 erscheint im Baumüller-Verlag sein drittes Buch „Wanderwissen kompakt“.